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Tschechisch-Deutsche Beziehungen
PENCAST Februar 2024

Was gibt es Neues bei PEN

Eugenie Trützschler: Zeitschrift Přítomnost

Gegenwart 100 Jahre auf dem Buckel und wichtiger und aktueller als je zuvor

Einführung 

 

Als Emigrantin, die mit nicht einmal 17 Jahren im Januar 1967 nach Bayern kam, gab es für mich zwei Möglichkeiten des Umgangs mit meiner „alten“ Heimat: entweder sie zu vergessen oder möglichst viel über ihre Geschichte zu erfahren. Ich entschied mich für letzteres. Meine Abschlussarbeit an der Pädagogischen Hochschule schrieb ich über den Turnverein Sokol, meine Diplomarbeit in politischen Wissenschaften über die tschechisch-slowakischen Beziehungen, die zur Föderalisierung des Staates geführt hatten. Die Promotion schrieb ich über die nationalen Vorstellungen bzw. Forderungen der Deutschen und der Tschechen zwischen 1861-1879. Bei den beiden  ersten Themen konnte ich neben Quellen auch auf familiäre Unterlagen zurückgreifen. Für meine Promotion habe ich 15 Zeitungen (aus Deutschland, Böhmen und Österreich) als Spiegelbild der Zeit ausgewählt. 

Logischer Weise bin ich dadurch bereits 50 Jahre lang eine aktive und kritische Zeitungsleserin und so habe ich mich sehr gefreut und geehrt gefühlt  als ich vom tschechischen Zentrums des internationalen PEN Klubs, dessen Mitglied ich seit 2021 bin, zur 100 Jahrfeier der Gründung der Zeitung Přítomnost eingeladen wurde.

Die Přítomnost und ihre Akteure in der 1. Republik

Die Artikel der Autoren wie Karel Čapek, Milena Jesenská, Eduard Bass, Karel Poláček, Richard Weine und weitere haben für die Bildung einer breiten demokratischen liberalen Gesellschaft in der neu entstandenen Republik einen wesentlichen Beitrag geleistet. Dies hängt unmittelbar zusammen mit dem Umstand, dass die Zeitung von Präsident Masaryk gefördert wurde.  

Geistiger Vater der Zeitung war der Politiker Jaroslav Stránský, der erste Chefredakteur war Ferdinand Peroutka. Stránský  ging bereits 1938 ins Exil. Ferdinand Peroutka wurde 1939 verhaftet und war bis zum Kriegsende in den Konzentrationslagern Dachau und Buchenwald inhaftiert. 


Nach der kommunistischen Machtergreifung im Februar 1948 ging Peroutka, der 1946 die Zeitung Dnešek  geleitet hatte ins Exil. Zwischen 1951-1961 war der Leiter der tschechischen Redaktion des Radio Free Europe.

Nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes kehrte der Enkel von Jaroslav Stránský, Martin, in die Tschechoslowakei zurück und ließ die Zeitung wieder entstehen. In einem Interview mit Radio Prag International sagte er im Jahr 2002: "Ich würde sagen, dass eher das Zweite zutrifft, weil die Zeit, welche bis zur Wiederherausgabe der Přítomnost vergangen ist, einen wichtigen Bruch darstellt und zwar nicht nur was die Kontinuität der Zeitschrift betrifft, sondern auch in Bezug auf die guten alten Traditionen des Landes und dessen Gesellschaft. Zudem hatte ich mich zur Erneuerung der Zeitschrift aus einem rein persönlichen Motiv entschlossen. Nachdem ich mich wieder in der damaligen Tschechoslowakei niedergelassen hatte, vermisste ich in der hiesigen Medienlandschaft ganz einfach einen bestimmten Typ von Zeitschrift. Ich war mir aber auch einer gewissen Familientradition bewusst, und das erlaubte mir mit bestimmten Persönlichkeiten in Verbindung zu treten, die mir dann halfen, die Zeitschrift auf die Beine

zu stellen“

Es ist gelungen. Die Zeitung ist im Geiste der Gründer wiederauferstanden. Dies zeigte die am 17. Januar statt gefundene Feier an der mehr als fünfzig Persönlichkeiten des öffentlichen ind politischen Lebens, unter ihnen viele der ehemaligen Emigranten aus aller Herrenländern und Kontinente im Cafe National auf der Národní třída teilnahmen.  Ihre Stimmen Mundtod zu machen ist weder der nationalsozialistischen noch der kommunistischen Diktatur gelungen. Dass sie ihre Stimme erfolgreich weitergaben und - geben sieht man der hervorragenden Qualität der Beiträge dieser Zeitung. 

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Festlicher Abend zum 100. Jahrestag der Entstehung des vorliegenden Magazins. Das Nationalcafé in Prag am 17. Januar 2024

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